Stellungsnahme
zu dem
Massentötungsterror
in New York
By
Wilhlem Nolte,
TFF associate
Draftnolte@aol.com
http://www.draftfrieden.de
Die heimtückischen, perfiden und brutalen
Terrormassenmorde in New York am 11. September 2001
erklären Entsetzen, Empörung, Erbitterung, Wut,
Trauer und Schmerz. Sie rechtfertigen in einer
rechtsstaatlichen Gesellschaft keineswegs den Ruf nach
Lynchjustiz (dead or alive", Bush).
Eigennützige Ressourcenverschwendung,
rücksichtslose Umweltüberbelastung, weltweite
Militärmachtprojektion und eigensinnige
Vertragsverhandlungspolitik der USA erklären die
Wahrnehmung der Amerikaner als arrogant, überheblich
und anmaßend. Sie beleuchten gespenstisch eine
Seite des Globalisierungsdilemmas und des &endash;
allseits bekannten - - Konfliktes zwischen den
Welten" unserer Welt, zwischen Nord und Süd,
reich und arm. Sie rechtfertigen die Lösung dieses
Konfliktes keineswegs in der Geiselnahme beliebiger
Fluggäste und ihrer Einschmelzung in zivile
Explosionsmaschinen.
Terror ist irrsinnigste Gewalt - - in keiner Weise
Politik. Krieg ist mehr als Terror, ist
äußerste" Gewalt (Clausewitz), umso
weniger Politik. Tausendfacher Tötungsterror
erklärt das Verlangen Überlebender nach
Vergeltung. Er rechtfertigt sie nicht, weder in
Gegenterror und noch viel weniger in Krieg. In
überkommenen Metaphern neu gefasst: Wer in
Anmaßung Gewalt säht, erntet Terror; wer
Terror übt, fordert Gegenterror heraus, riskiert
Krieg. Wer Krieg wünscht, weiß nie, was wird
und was bleibt &endash; wenn überhaupt etwas bleibt.
Die gesteigerte Verwundbarkeit reicher"
Gesellschaften lässt immer weniger erwarten.
Konflikte brauchen Konfliktarbeit: besonnen, sensibel,
rücksichtsvoll und vorausschauend zugleich, damit
die erkannten wie die unbewussten Konfliktpotentiale
gemindert werden. Die neuerliche Gewalteruption in New
York gibt eindringlich vor, was selbstverständlich
-- teils jetzt endlich! -- geleistet werden muss:
rechtsstaatliche Strafverfolgung der terroristischen
Verbrecher, einvernehmliche Aushandlung und Durchsetzung
der Menschenrechte, Gerechtigkeit in der
Ressourcenverteilung und nachhaltige Entwicklungspolitik,
Gewährleistung völkerrechtskonformer
Interventionspolitik und ein Zurücknehmen in
politischen Handlungsweisen, die als Anmaßung
wahrgenommen werden können.
New York sieht sich -- kriegsgleich -- zerstört,
Amerika sieht sich erniedrigt. Pearl Harbor, an das jetzt
erinnert wird, liegt räumlich und historisch ferne.
Historisch näher, wenn auch räumlich ferner,
sind Hiroshima und Nagasaki zu erinnern. In
unverhältnismäßig viel kürzerer Zeit
haben 1945 amerikanische Atombomben
unverhältnismäßig viel mehr Menschen
verbrannt. Die Kriegsumstände schienen damals diese
beiden Massentötungstaten amerikanischer
Air-Force-Piloten zu rechtfertigen. Die aktuellen
Massentötungstaten der terroristischen Zivil-Piloten
können dazu anregen, die eigenen Moralpostulate im
Lichte dieser eigenen, zurückliegenden Taten neu und
zurückhaltend zu werten.
Auch Erinnerungsarbeit -- und ihre Offenlegung
gegenüber den Gesellschaften der Welten" --
trägt dazu bei, eine ihnen gegenüber in
Machtarroganz verspielte Wertschätzung
zurückzugewinnen. Dies ist mir, einem Deutschen, der
sich seine" Weltkriege und seinen" Holocaust
als Erbe über Generationen auferlegt weiß, nur
zu bewusst. In diesem Bewusstsein und vor dem Hintergrund
eines Berufslebens als Soldat und als Lektor für
Friedensforschung sowie aus der Mitarbeit in der
Kriegsursachenforschung fordere ich dringlich, auf den
Terror keinesfalls mit Krieg zu antworten.
Wer, wie die Streitkräfte der USA, den
Kriegsphilosophen Clausewitz hoch schätzt, der wird
sich zurechnen, dass er als Verteidiger den Krieg
beginnt. Dabei hat sich der Angreifer &endash; hinter den
toten Terroristen &endash; bisher weder zu seinem Angriff
bekannt, also nicht zu erkennen gegeben, noch waren seine
Einsatzmittel Kriegswaffen", noch war seine
Angriffsweise militärischer Natur".
Hierüber darf noch so viel weltweite
Solidarität nicht hinwegtäuschen, auch
uneingeschränkte Solidarität" (Deutscher
Bundestag) nicht. Eine solche Selbsttäuschung wird
allerdings erklären helfen, wenn sich Entsetzen,
Empörung, Erbitterung, Wut, Trauer und Schmerz gegen
die wenden, die jetzt Krieg und Kriegsbeteiligung
wählen.
(gez.) Wilhelm Nolte
Hamburg, 23. September 2001
©
TFF & the author 2001
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